Donnerstag, 1. April 2021

Querverbindung: Von Göttingen nach Herzberg

Ich wollte einmal ausprobieren, ob ich auch um ein Gebirge radeln kann und nicht nur am Wasser entlang. Die Strecke zum Gebirge hin sah allerdings auch ziemlich reizvoll aus, also sind wir zuerst bis zum Harz geradelt, und zwar auf dem Weser-Harz-Heide-Radweg. Diese Radroute ist so eine Art Querverbindung zwischen dem Weserradweg (Hann. Münden), dem Leineradweg (Göttingen), dem Eiserner-Vorhang-Radweg, dem Westharz (siehe den folgenden Text) und der Lüneburger Heide inklusive Ilmenau-Radweg (Uelzen, Lüneburg).
Zunächst macht der WHH-Radweg einen langweiligen Bogen. Er führt von Göttingen aus nach Süden auf dem Leineradweg. Bei Niedernjesa wendet sich der Weg nach Osten und führt auf straßenbegleitende Radwege und durch Vororte mit teuren Einfamilienhäusern.
Doch dann zweigt er auf einmal von der Hauptstraße ab - und wird richtig schön!
Das ist der Wendebachstausee. Er ist vor allem bei gesetzestreuen Göttingern beliebt, die nicht gegen das Badeverbot in den größeren Baggerseen verstoßen wollen und dafür auch in Kauf nehmen, von Algen erwürgt zu werden.

Einst fuhr hier eine Kleinbahn von Göttingen nach Duderstadt. Die Spuren dieser Bummelbahn sind noch nicht gänzlich verschwunden. In einem winzigen ausgestorbenen Dorf gibt es sogar noch eine Bushaltestelle, die "Bahnhof" heiß. Ganz schön paradox und irgendwie traurig.
Der WHH-Radweg hat einige Hügelketten zu überwinden, um vom einen Tal ins nächste zu kommen. Damit es nicht ganz so steil wird, nutzt er sehr geschickt solche ehemaligen Bahntrassen, zum Beispiel die hier im Bruchgrund. 

Außerdem ging es durch ein paar Dörfer und Kieswege im Wald aufwärts und dann diese wahnsinnig spektakuläre Landstraße abwärts. Wow!
Nun sind wir vom Leinetal ins Harzvorland gewechselt. Wir befinden uns im niedersächsischen Teil des Eichsfelds. Links zweigt ein Weg zum Seeburger See ab. Da hinten ist schon der Harz zu erahnen, aber erst einmal kommen wir durch Duderstadt.

Der Sage nach wurde diese Stadt von drei Brüdern gegründet, aber keinem davon wollte ein guter Name einfallen, deshalb sagte jeder: "Gib du der Stadt den Namen!"
Vor der Basilica St. Cyriakus steht eine riesige Pestsäule. Sind wir etwa in Tschechien?

Nicht ganz. Duderstadt lag zur Zeit der Hanse genau auf dem Kreuzungspunkt der Wege von Italien nach Norddeutschland und von Belgien nach Osteuropa. Davon hat die Stadt ungeheuer profitiert. Nach dem dreißigjährigen Krieg ist sie aber nicht mehr so richtig auf die Beine gekommen und Duderstadt rutschte vom Handelsknotenpunkt an den Rand. Später lag die Stadt ganz in der Nähe der Deutschen Mauer und hat heute (im Gegensatz zu anderen Orten dieser Größe in der Region) nicht einmal eine Bahnanbindung. Deshalb stoßen wir in Duderstadt auf den Europa-Radweg Eiserner Vorhang.
Deshalb wurde in der Stadt seit der Hansezeit nicht mehr viel gebaut. Das hat auch sein Gutes: Es gibt noch viel altes Fachwerk! Wobei: Davon gibt es in Hann. Münden oder Northeim sogar noch mehr. Bei Fachwerk ist die Konkurrenz in der Region halt groß.

Der Radweg führt auf erhöhten Bahndämmen weiter, sehr komfortabel. Das Logo des Weser-Harz-Radwegs ist sehr blass und unauffällig, auf einigen Schildern ist es komplett vergilbt. Dafür gibt es extra Beschilderung für Hasen und Rollstuhlfahrer.

In zunehmender Dunkelheit fuhren wir durch Rhumspringe, an der Rhume entlang, dir für mich bereits eine flüchtige Bekannte war.
Die Rhumequelle war damals noch abgesperrt und in zunehmender Dunkelheit schlecht zu erkennen, sodass sie mir eher wie eine Billigversion des Blautopfs in Blaubeurern vorkam. Um ihre wahre Schönheit zu erkennen, musste ich später noch einmal zurückkehren.

Das Problem mit Fahrradtouren im Oktober ist: Einen warmen Tag bekommt man zwar mit etwas Glück noch, aber abends fehlt meistens die eine oder andere Stunde mit Licht, um das Ziel noch im Hellen zu erreichen.
Der Radweg führt wieder auf eine ehemalige Bahnstrecke, diesmal jedoch erhöht auf einem Damm. Leider war es schon so dunkel, dass von diesem großartigem Weg kein großartiges Foto zustandegekommen ist. Aber er ist großartig, das können Sie glauben. Der Weg führt nach Herzberg am Harz, und dort geht das Gebirge richtig los.

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